Meine 1. August-Rede in Rafz

Ortspartei Rafz

Dankbarkeit aus verschiedenen Blickwinkeln

Stefan Weiss

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Geschätzte Einwohnerinnen und Einwohner von Rafz

Wie fühlen Sie sich hier in Rafz? Als Stimm- oder echter Bürger? Als Einwohner oder einfach als Mensch, welcher diesen Ort an der Landesgrenze aus Überzeugung gewählt hat? Seit 23 Jahren trifft auf mich alles zu. Dafür bin ich dankbar und deshalb reifte in mir seit knapp zwei Jahren der Gedanke, die Dankbarkeit und ihre vielen Facetten zum Thema zu machen.

Gerne hätte ich dies zusammen mit einem oder mehreren Schülern aus Rafz machen wollen. Hat nicht sollen sein und jetzt stehe ich eben alleine hier oben. Momentan jedenfalls. Aber davon später.

1994 bin ich zusammen mit meiner damaligen Frau in ein Eigenheim in diesen Ort gezogen, den ich vorher auf der Landkarte kaum kannte. Die Liebe zu ihr ist erloschen, diejenige zum Ort ist geblieben. Dass die Folgen daraus just heute am Nationalfeiertag zu Ende gingen, ist ein netter Zufall. Sie sehen, dafür bin ich natürlich auch dankbar!

     Dankbarkeit man aber auch aus einer anderen Sichtweise betrachten: Vor sieben Jahren trat ich das Milizamt als Schulpfleger an. Weil es mich interessierte, wie heute Schule „gemacht“ wird. Wie meine Vorgängerin Ruth Spörli hatte ich keine Kinder (mehr) an der Schule Rafz und trat deshalb nie in den Ausstand.

Mich erschreckte aber rasch die Anspruchshaltung einiger Eltern gegenüber der Schule. Es ist kein Wunder, wenn die Kosten unserer Schule ständig steigen.

Wohlverstanden: Die öffentliche Schule muss gratis sein und wir Steuerzahler solidarisch dafür aufkommen. Dankbar wäre ich, wenn sich diese Eltern wieder vermehrt bewusst würden, dass Kinder bekommen auch Kinder erziehen heisst. Bei meinen Schulbesuchen sehe ich viele erfreuliche Begebenheiten. Aber eben auch anderes und es geht nicht an, dass unsere Lehrpersonen erziehen müssen und wir beschliessen an unseren Sitzungen teure Sondersettings.

Wenn Sie jeweils an unsere Gemeindeversammlungen kommen, ist die Schule mit schöner Regelmässigkeit dafür verantwortlich, im Rechnungsabschluss schlechter dazustehen als andere Kostenträger. Warum ist das so? Ich nehme diese Plattform zum Anlass, darauf näher einzugehen.

Die Lehrerlöhne sind feste Ausgaben, welche auf kantonalen Vorgaben basieren und uns als Gemeinde zu 80 % belastet werden. Kostentreiber sind aber Sonderschulungen. Es gibt Fälle, wo wir seit Schulbeginn – und da ist der Kindergarten mitgemeint – bis zu 100‘000 Franken und mehr jährlich für externe Beschulungen bezahlen. Weil es uns nicht möglich ist, renitente Kinder in den Klassen zu belassen, müssen wir sie zum Schutz der Lehrpersonen und der anderen Kinder herausnehmen.

Aufgrund einer Klage verurteilte uns der Bezirksrat Bülach kürzlich, eine Privatschule zu bezahlen, weil jemand sein Kind aus der öffentlichen Schule nahm. Unsere Prozesse dauerten für diese Person zu lange.

Wenn ich nun letzte Woche in der Zeitung las, dass der Bezirksrat schon mehrfach vom Obergericht zurechtgewiesen wurde, ärgert es mich im Nachhinein, dass wir das Prozessrisiko bei der nächsten Instanz scheuten. Ich hoffe bloss, die beiden neuen Mitglieder des Bezirksrates aus Bassersdorf und Eglisau steigern die Kompetenz des Gremiums.

     Wie könnte Schule denn in Zukunft aussehen? Ich weiss nicht, ob die Idee von Bildungsgutscheinen – wie es meine Partei vor einiger Zeit auf kantonaler Ebene lancierte, wirklich der Weisheit letzter Schluss ist. Aber für etwas wäre ich – geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer – dankbar: Wenn diese erwähnten Eltern ihre Eigenverantwortung wieder wahrnehmen würden. Und auf kantonaler Ebene müssen die Damen und Herren Kantonsräte jeglicher Parteifarben ernsthaft überlegen, ob Schule weiterhin um jeden Preis gratis sein soll.

     In unserer Schule haben wir aufs neue Schuljahr einen personellen Wechsel in der Führung. Karin Wolfer, die neue Primar-Schulleiterin hat heute offiziell ihren ersten Arbeitstag und genoss bereits den ersten Feiertag. Bis jetzt! Sie ist heute Abend nach Rafz gekommen und sagt Ihnen nun persönlich, wofür sie dankbar ist!

Guten Abend miteinander und danke, Stefan, dass ich mich an meinem ersten Arbeitstag gleich an die Rafzer Öffentlichkeit wenden darf!

Seit heute arbeite ich also offiziell in Rafz. Es erfüllt mich mit Dankbarkeit, dass sich die Schule Rafz für mich als neue Schulleiterin entschieden hat. Ich freue mich über das Vertrauen, welches mir die Schule entgegenbringt, und hoffe, die Erwartungen erfüllen zu können. Natürlich bringt es diese Stellung mit sich, dass meine Entscheidungen nicht immer bei allen eitel Freude auslösen werden. Darum bin ich dankbar für ein konstruktiv-kritisches Umfeld, welches mich in meiner Rolle unterstützt und mir auch immer wieder einen Spiegel vorhält.

Ich freue mich auf meine Arbeit und bin dankbar für die guten Rahmenbedingungen, welche ich hier antreffe, beispielsweise in der Infrastruktur, aber auch in der Organisation.

Danke Karin für deine Worte.

  Wir kämen politisch in unserem Kanton, unserem Land gewiss weiter, wenn die Lösungsfindung ähnlich wäre wie in unserem Gremium. Unsere Schulpflege umfasst vier politische Richtungen: Aber wir gehen miteinander respektvoll und lösungsorientiert um und das wünsche ich mir auch auf kantonaler und Bundes-Ebene. Dankbarkeit empfinde ich deshalb gegenüber meiner Kollegin und den drei Kollegen, dass wir diesen Umgang miteinander pflegen.

     Nächsten Frühjahr werden unsere Behörden neu gewählt. Einzelne Rücktritte sind bereits bekannt. Dankbar wäre ich auch hier, wenn Sie sich überlegen, ob und was Sie zukünftig für unsere Gemeinde tun wollen.

Ich kann Ihnen versichern: Ein solches Amt ist eine Horizonterweiterung. Gewiss, oft ist es nebst einem 100 %-Job auszuüben. Darum bin ich auch an meinen Arbeitgeber in Zürich dankbar, dass er sich zur politischen Miliz-Arbeit in der Schweiz bekennt. Es wäre schön, wenn es viel mehr solcher Firmen gäbe und nicht blosse Lippenbekenntnisse.

     Auf Gemeindeebene gibt es viel zu gestalten, auch wenn der Kanton manchmal denkt, dass Kostenverschiebungen auf die Gemeinden für ihn „sparen“ heisst. Was uns als Gemeinde bewegt, aber auch Sie als Einwohnerin und Einwohner, werden wir am Zukunftsforum vom 4. Oktober – also in gut zwei Monaten zu ermitteln versuchen. Wir als Schule sind Teil davon.

Im jüngsten Rafzer Weibel erkennen Sie, dass wir nicht stehen bleiben und über Legislaturperioden hinaus denken wollen. Unsere Gemeinde wächst stetig wächst, aber glücklicherweise ist es den Schülern immer noch möglich, von fast allen Orten dorthin zu gehen oder zu fahren, wo Schule stattfindet.

Wir sind Ihnen dankbar, wenn Sie unseren Ideen von eigenständigen Primar- und Sekundarschulzentren unvoreingenommen gegenüber stehen. Ich möchte mir dereinst als ehemaliger Schulpfleger nicht vorwerfen lassen, keine Visionen gehabt zu haben. Diese braucht es nämlich.

     Weil eine Gemeinde-Fusion im Rafzerfeld noch nicht ernsthaft angedacht ist, möchten wir als Schule Stärke zeigen und unseren Schülern weiterhin ermöglichen, dass Schule bis zum Gymnasium weiterhin vom Kindergarten bis zur dritten Sekundarstufe in Rafz stattfinden kann.

Das kostet Geld, aber dieses war noch nie so günstig wie heute. Sie ahnen es – dankbar wird unsere Schulpflege sein, wenn Sie unsere Planung als Einwohner und Steuerzahler wohlwollend begleiten würden.

     Ich biege auf die Zielgerade meiner Ansprache ein, deren Schluss ich aus aktuellem Anlass kurzfristig änderte. Heute feiern wir den Geburtstag der Schweiz.

In meinem persönlichen Umfeld erlebte ich am Samstag, dass Freud und Leid nahe beieinander liegen. Jemand erlitt unvermittelt einen Herzinfarkt. Und mir wurde wieder einmal bewusst, wie schnell im Leben anderes wichtiger wird. Unser Gesundheitswesen ist teuer, aber im Ernstfall funktioniert es. Ich bin erfreut, dass diese Person bereits wieder auf dem Weg der Besserung ist. Dankbarkeit also auch hier.

In diesem Sinne: Seien Sie dankbar für die vielen schönen Momente im Leben und dass wir alle heute Abend unseren Nationalfeiertag feiern dürfen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit und auch von mir die besten Wünsche für den Rest des heutigen Programms.